Hey Senkel, unser FC wurde am 2. April 2021 4 Jahre alt. Glückwunsch, was geht dir bei dem Datum als erstes durch den Kopf?
„Wahnsinn, wie schnell die Zeit vergeht“, fällt mir da als erstes ein. Auf der anderen Seite fühlt es sich auch wieder so an, als hätte es nie etwas anderes gegeben als diesen Verein.
Hätte mir vor 5 Jahren jemand gesagt, dass ich mal Vereinsvorsitzender bei den Triptiser Fußballern werde, hätte ich ihn wahrscheinlich ausgelacht.
Das war damals mehr als der berühmte „Sprung ins kalte Wasser“. Man muss da schon ein bisschen bekloppt sein, wenn man innerhalb von 3 Monaten nach der ersten Idee einen Verein mit 150 Mitgliedern gründet. Aber ich war ja glücklicherweise nicht der einzige Bekloppte 😉.
Die Gründungsmitglieder vlnr: Jens Linke, Andre Jauch, André Nestvogel-Weidehaas, Anne Staps, Timo Weiß, Peter Matterne, Mario Hoffmann
Der FC hat ja bekanntlich 2017 mit seiner Neugründung bei NULL angefangen. Hand aufs Herz, wie oft hast du diese Entscheidung in den letzten 4 Jahren bereut bzw. würdest du heute nochmal genauso handeln?
(lacht) Die bessere Frage wäre, ob meine Griti mich nochmal heiraten würde, wenn sie wüsste, dass ich das nochmal vorhabe. 😉
Bereut habe ich den Schritt keinen einzigen Tag. Die Entscheidung war absolut richtig, weil sie ehrlich und konsequent war. Seit dem 2.4.2017 können wir Fußballer über die Entwicklung des Vereins selbst bestimmen. Hat man früher mehrere Stunden beraten, ob der Fahrradständer links oder rechts vom Sportlerheim platziert wird, treffen wir heute wichtige Entscheidungen innerhalb kürzester Zeit und setzen die dann auch schnell um.
Allerdings würde ich rückblickend eine Sache anders machen. Ich würde den Verein erst gründen, wenn sich außer den Vorstandsmitgliedern noch eine größere Anzahl an Freiwilligen für die Vereinsarbeit vom ersten Tag an zur Verfügung stellt. So hätte man die vielen Aufgaben auf mehrere Schultern verteilen können.
Was waren nach der Gründung die größten Herausforderungen und wie habt ihr diese gemeistert?
Ich glaube, am Anfang waren alle Herausforderungen entweder groß oder riesengroß 😉. Wenn man mit einem leeren Konto beginnt, muss man zuallererst eine finanzielle Basis neben den Mitgliedsbeiträgen für die Vereinsarbeit schaffen.
Die Bedeutung des deutschen Sprichwortes „Wer A sagt, muss auch B sagen“, bekamen wir dann auch ziemlich schnell und sehr direkt zu spüren. Wir hatten für ca. 150 Mitglieder kein eigenes Equipment: weder Bälle noch Trikots, geschweige denn Trainingsanzüge. Eine unentgeltliche Leihe unserer bisherigen Spielkleidung für unsere erste Saison wurde vom SV Grün-Weiß abgelehnt. Durch unsere „Unterstützer der ersten Stunde“ haben wir es dann aber geschafft, alle Mannschaften bis zum Saisonstart mit Kurzarm-Trikotsätzen und dem Chemie-Logo auf der Brust auszustatten. Dafür nochmal großen Dank!
Wir haben in den vergangenen 4 Jahren extrem gegeizt, um uns unseren Traum vom eigenen Fußballverein zu erfüllen. Kein Vereinsbus, keine Fahrtkostenerstattung, keine Vergütung von Trainern und Betreuern … Danke, an alle Spieler, Eltern, Trainer, Betreuer und Verantwortliche, dass ihr alle diesen Weg mitgegangen seid.
Was war dein persönliches Highlight der letzten 4 Jahre?
Eigentlich müssten es unsere Veranstaltungen im Juni 2019 zu unserem 100-jährigen Jubiläum gewesen sein. Das war ein unwahrscheinlich intensives und schönes Wochenende, mit tollen Events rund um den Triptiser Fußball und einem unvergesslichen Spiel unserer 1. Mannschaft vor knapp 1000 Zuschauern gegen den FC Carl Zeiss Jena.
Aber mein ganz persönliches Highlight der letzten Jahre fand am 1. Mai 2019 statt - die Wiedereröffnung unseres Vereinsheims nach 3 Jahren Schließung. Danke an der Stelle an die Stadt Triptis für das Vertrauen in unsere Arbeit. Das war für mich ein sehr emotionales Thema. Meine Großeltern waren bis zu meinem 12. Lebensjahr Platzwart und Wirtsleute im Triptiser Sportlerheim. Ich habe quasi meine ganze Kindheit auf dem Sportplatz verbracht und kann mich heute noch an die unvergesslichen Abende der Fußballer Ende der 1970er-Jahre mit Stern-Rekorder im Sitzungszimmer des Sportlerheims erinnern.
Dass es uns als Verein innerhalb von 2 Monaten gelungen ist, das damals völlig heruntergekommene Sportlerheim in über 1000 Arbeitsstunden so zu sanieren, macht mich unheimlich stolz. Da würde ich heute gern mal meinen Opa zum Bier einladen 😉.
Corona bestimmt seit über einem Jahr unser Leben. Wie hat sich das Ganze auf den Verein ausgewirkt. Mit welchen Problemen habt ihr zu kämpfen und wie geht ihr mit der Situation um?
Corona hat uns mit voller Wucht erwischt, als es sportlich bei vielen Mannschaften gerade am besten lief. Unsere 1. Mannschaft hatte 5 Punktspielsiege in Folge und eine super Pokalserie hingelegt. Die C1 und A-Junioren kämpften in der Verbandsliga um die Tabellenspitze, und alle anderen Mannschaften traf es auch mitten in den Saisonspielen. Das war natürlich ein harter Schlag, von heute auf morgen wieder alle Vereinsaktivitäten abzubrechen.
Wir hatten im letzten Jahr viele Anstrengungen unternommen, um unseren Sport auch unter den schwierigen Umständen verantwortungsvoll betreiben zu können. Es wurden Hygienekonzepte erarbeitet und umgesetzt.
Seit November ruhen jetzt alle fußballerischen Aktivitäten. Unsere Sitzungen und Abstimmungen haben wir in Videokonferenzen verlagert. Gleichzeitig fehlen uns seit dem Lockdown sämtliche Einnahmen, die wir in den letzten Jahren in verschiedenen Veranstaltungen generieren konnten. An dieser Stelle möchte ich mich ganz herzlich bei allen Spendern und Sponsoren bedanken, die uns in diesen wirtschaftlich sehr angespannten Zeiten unterstützen!
Auch ohne aktiven Spielbetrieb vergeht bei uns aber keine Woche, ohne Telefonate oder Videokonferenzen zum Thema Triptiser Fußball. Wir werden diese Krise gemeinsam durchstehen. Ich hoffe besonders für unsere Jüngsten, dass wir bald wieder starten und Gas geben können. Vermutlich werden einige Mitglieder und Fans erstmal ein paar Wochen zu tun haben, die entgangenen Geburtstage im Vereinsheim nachzufeiern.
Ich hätte mir härtere, dafür aber kurzfristigere und wirksamere Maßnahmen gewünscht, als diesen Dauerzustand. Ganz persönlich fehlen mir die sozialen Kontakte am meisten. Seit 4 Monaten bekomme ich am heiligen Montagabend (Training AH) statt einem Schnitzel im Vereinsheim, „Lecker aufs Land“ in der Glotze serviert. Um da nicht völlig senil zu werden, versuche ich die Zeit gerade für „etwas Sinnvolles“ zu nutzen und bringe mir seit ein paar Wochen zur Freude meiner Nachbarn das Gitarrespielen bei. Aktueller Stand: Nirvana… Metallica bräuchte ich noch paar Wochen Lockdown 😉.
Auf unseren Sportstätten ist viel passiert in den letzten 4 Jahren. Was steht für die Zukunft auf dem Plan oder sind die Maßnahmen schon beendet?
Eine der ersten Festlegungen, die wir in unserer Vereinssatzung getroffen hatten, war die Entfernung der „jährlichen Pflichtstunden“ für unsere Mitglieder. Ich bin der festen Überzeugung, dass sich jedes Mitglied sehr gern freiwillig einbringt, wenn man sich mit „seinem Verein“ identifiziert und nicht, wenn man es per Satzung muss. Das ist der Kern unserer Arbeit: Gemeinschaft und Zusammenhalt leben. Die Ergebnisse haben sich gerade im letzten Jahr bei unseren Projekten auf unserer Sportstätte gezeigt.
„Viele Hände – schnelles Ende“ war oft das Credo unserer Arbeitseinsätze. Unser Platz 1 befand sich nach dem letzten Winter und der nachfolgenden Maulwurf- und Mäuseplage in einem desolaten Zustand. In mehreren Arbeitseinsätzen wurden beide Plätze von unseren Mitgliedern vertikutiert, aerifiziert und es wurden ca. 150t Sand auf Haupt- und Trainingsplatz von Hand aufgebracht. Mit dem Einbau unserer 16.000l-Wasserzisterne konnte das jahrzehntelange Wasserproblem in der Rudolf-Harbig-Sportstätte in Eigenregie gelöst werden. Unsere 3 Garagen wurden nach 40-jährigem Dornrößchenschlaf frisch verputzt, Decken abgehangen und die Elektrik erneuert.
Das neue Pumpenhaus kurz vor der Fertigstellung. Errichtet durch Dietmar (Bubi) Oelsner.
Unser größtes Projekt wurde im Sommer angegangen. Ziel ist es, in den nächsten Jahren eine zusätzliche Kleinfeld-Trainingsfläche hinter unserem Hauptplatz Richtung Freibad anzulegen. Dazu ist es notwendig, den Hauptplatz ca. 12 m Richtung Vereinsheim zu verschieben, um die nötige Fläche für den Trainingsplatz zu schaffen. In unzähligen Arbeitsstunden wurde dazu im Sommer die Rasenfläche unterhalb des Vereinsheims mit Muttererde aufgefüllt und neuer Rasen angesät.
Einer von zahlreichen Arbeitseinsätzen im letzten Jahr.
Unsere Mitglieder leben wieder ihren Verein. Viele packen mit an, von unseren Nachwuchsspielern, über die Eltern, unsere Männermannschaften und die Verantwortlichen.
Aktuell stehen wir in den Startlöchern, unser neues Geländer mit Werbebande und neuen Trainerkabinen unterhalb der Zuschauerplätze an der Kegelbahnseite zu installieren. Geplant war diese Installation schon Ende letzten Jahres, aber die Coronabestimmungen der letzten Monate haben uns bis jetzt leider einen Strich durch die Rechnung gemacht.
Des Weiteren wollen wir in diesem Jahr, ein Fangnetz hinterm Tor am Vereinsheim installieren, um dahinter einen Kinderspielplatz anzulegen. Wir möchten unsere Sportstätte zukünftig zur „Familiensportstätte“ umgestalten und dabei gerade für junge Familien mit Kids ein Freizeitangebot und eine Begegnungsstätte schaffen. Die Zeiten, in denen ein Schild „Betreten verboten“ für die Kinder hinter unserem Tor stand, werden der Vergangenheit angehören.
Die größten Bauchschmerzen bereitet uns der Zustand unseres Kabinentraktes in der Rudolf-Harbig-Sportstätte. Hier ist noch der „Charme“ der späten 1960er Jahre in jeder Ritze zu spüren, um es mal sehr positiv auszudrücken. Die Kabinensubstanz und speziell die sanitären Anlagen sind in einem wirklich desolaten Zustand, der nicht nur, nicht mehr zeitgemäß, sondern als hygienisch prekär bezeichnet werden muss. Hier müssen wir uns mit der Stadt Triptis zusammensetzen und gemeinsam eine zukunftsorientierte Lösung erarbeiten.
Wie zufrieden bist du mit der sportlichen Entwicklung bei den Chemikern vom Nachwuchs bis zu den Männern?
Im Nachwuchs haben wir 2 Themenbereiche: Kleinfeld und Großfeld. Von unserer Vereinsgröße her müssen wir es schaffen, die Kleinfeldmannschaften in Eigenregie personell zu stellen. Das ist in der heutigen Zeit, auch ohne Corona, eine sehr große Herausforderung. Hier müssen und werden wir uns zukünftig noch stärker engagieren, um die Kids für Sport und Bewegung zu begeistern. Kooperationen zwischen Verein, Kitas und Schule werden dort ein wichtiger Baustein sein und stehen ganz oben auf unserer Zukunftsagenda.
Unser Nachwuchs immer am Ball.
Im Großfeld ist es für unsere Vereinsgröße sehr schwer bis unmöglich, aus eigener Kraft Mannschaften altersgerecht zu besetzen. Deshalb arbeiten wir schon seit einigen Jahren in diesem Bereich sehr eng mit dem SV Blau-Weiß Neustadt zusammen. Hier hat sich eine sehr gute Vereinspartnerschaft entwickelt, die für beide Seiten nur Vorteile bringt. Die Ergebnisse unserer gemeinsamen Mannschaften und damit auch die positive Entwicklung unserer Nachwuchsspieler sprechen dabei für sich. Ich möchte deshalb allen Spielern, Eltern, Trainern und Betreuern danken, dass sie unseren Weg unterstützen und diesen hohen organisatorischen Aufwand tragen. Ein großer Dank geht an alle Verantwortlichen in Neustadt, die diese Partnerschaft gemeinsam mit uns leben.
Was aus einer erfolgreichen Nachwuchsarbeit entstehen kann, sieht man eindrucksvoll in unserem Männerbereich. Die Jungs, die in der aktuellen Saison noch parallel A-Junioren gespielt haben, sind aus unserer 1. Mannschaft nicht mehr wegzudenken. Christian Staps und seinem Trainerteam ist es gelungen, eine absolute Aufbruchsstimmung in ihrer Mannschaft zu erzeugen. Dass dieses Team nicht nur Fußball spielen kann, sondern auch über einen starken Charakter verfügt, war eindrucksvoll an der Reaktion nach den 3 Auftaktniederlagen in der letzten Saison zu beobachten.
1. Mannschaft und die damaligen B-Junioren vor dem ersten Pflichtspiel unter Chemie-Flagge am 04.08.2017.
Und das ist der allesentscheidende Punkt für die sportliche Zukunft. Diese junge Mannschaft steht noch ganz am Anfang ihrer Entwicklung. Wir haben eine geniale Mischung aus jungen und erfahrenen Spielern, die sich alle mit dieser Mannschaft und diesem Verein identifizieren. Wenn Spaß und Zusammenhalt auf absoluten Willen und intensive Trainingsarbeit treffen, ist der sportliche Erfolg eigentlich nicht mehr aufzuhalten 😉.
Nachdem unsere 2. Mannschaft in den letzten Jahren große Erfolge in der Freizeitliga verbuchen konnte, werden wir hier in der kommenden Saison einen anderen Weg beschreiten. Die personelle Situation im Männerbereich hat sich so gut entwickelt, dass wir in der nächsten Saison mit einer 2. Mannschaft im Großfeld an den Start gehen werden. Unser Fokus wird dabei auf einer ganz engen Zusammenarbeit beider Männermannschaften liegen.
Meine Traumkonstellation am Wochenende:
Vorspiel 2. Mannschaft: Sieg
Hauptspiel 1. Mannschaft: Sieg
Gemeinsame „Nachspielzeit“ mit den Fans im Vereinsheim
Ich kenne diese geniale Konstellation noch aus meiner aktiven Zeit hier in Triptis, als 1. und 2. Mannschaft die Wochenenden im Sportlerheim zusammen durchgefeiert haben.
Ein Satz zum Schluss?
Bleibt alle gesund, das ist das Wichtigste! Alles andere schaffen wir gemeinsam.
Bilder: Verein